Erklärung der Landeskirche

Die Landeskirche, die Kirchgemeinden, die Gemeindeglieder und die haupt- und ehrenamtlich in unserer Landeskirche Engagierten haben mit Betroffenheit die Erklärung von Landesbischof Dr. Rentzing zur Kenntnis genommen, sein Amt zum nächstmöglichen Termin zur Verfügung zu stellen.

Die Kirchenleitung wird in ihrer Sitzung am 21. Oktober 2019 entscheiden, wie sie hiermit umgeht. Ein Landesbischof kann nach § 2 Absatz 6 des Kirchengesetzes über die dienst- und versorgungsrechtlichen Verhältnisse des Landesbischof und des Präsidenten des Landeskirchenamtes im Einvernehmen mit der Kirchenleitung aus dem Amt des Landesbischofs ausscheiden und ein anderes Amt übernehmen. Steht ein solches nicht zur Verfügung, kann die Versetzung in den Wartestand erfolgen.

Aktuell ist Landesbischof Dr. Rentzing im lang geplanten Urlaub und also weiterhin formal im Amt. Eine Entscheidung über den Zeitpunkt und die Bedingungen des Ausscheidens aus dem Amt muss die Kirchenleitung fällen. Die Aufgaben und Termine des Landesbischofs werden in der Zeit des Urlaubs und gegebenenfalls darüber hinaus vom Stellvertreter des Landesbischofs Oberlandeskirchenrat Dr. Thilo Daniel, den Gebietsdezernenten und weiteren Mitgliedern des Kollegiums übernommen.

Seit seiner Ordination und während seiner Amtszeit als Pfarrer und Landesbischof unserer Landeskirche ist Dr. Rentzing mit klaren konservativen Positionen aufgetreten, aber über eine rechtsextreme oder nationalistische Denkweise ist in der kirchlichen Öffentlichkeit nichts bekannt geworden. Umso verstörender sind Texte, die Dr. Rentzing in seiner Zeit als Student veröffentlicht hat. Von diesen Texten haben einzelne Mitglieder der Kirchenleitung am 10. Oktober, die gesamte Kirchenleitung am 11. Oktober erstmals Kenntnis erhalten. Dass ein Mensch sich im Laufe seines Lebens entwickeln kann, dass gerade auch der Glaube an Jesus Christus Menschen verändern kann, darin sind sich alle Mitglieder der Kirchenleitung einig. Insofern hält die Kirchenleitung die Distanzierung des Landesbischofs von seinen Positionen vor 30 Jahren in Anbetracht seiner Arbeit in unserer Landeskirche für glaubwürdig. Sie hat aber auch die Problematik gesehen, dass eine solche öffentlich gewordene Vergangenheit das Handeln als Landesbischof und Repräsentant der Landeskirche gegenüber der Öffentlichkeit nachhaltig beeinträchtigen würde.

Landesbischof Dr. Rentzing hat vor der Kirchenleitung eine Erklärung abgegeben, in welcher er auch auf die Texte eingegangen ist und auf Rückfragen dazu geantwortet hat. Er stellte es so dar, dass er diese Zeit in seinem Leben und diese Texte verdrängt habe und äußerte großes Unverständnis und Scham über das, was er damals geschrieben hat. Ob der Landesbischof gegenüber der Öffentlichkeit selbst noch zu diesen Texten Stellung nehmen wird, muss ihm überlassen werden. Momentan ist er dazu nicht in der Lage.

Die Entscheidung zum Rücktritt hat Landesbischof Dr. Rentzing persönlich getroffen. Für die Landeskirche gibt es keinen Anlass, sich an Spekulationen über die Motive zu beteiligen. Dies gebietet der Respekt vor dem Landesbischof, seinem unermüdlichen Ruf um Einheit für unsere Kirche und dem für ihn persönlich schwerwiegenden Schritt.  

Zu den Texten und den erhobenen Vorwürfen gegenüber Landesbischof Dr. Rentzing nimmt das Landeskirchenamt wie folgt Stellung:  

Es ist zutreffend, dass in den Jahren 1989 bis 1992 der damalige Philosophie-, Jura- und Theologiestundent Carsten Rentzing im Alter von 22 bis 25 Jahren Texte in der Zeitschrift „Fragmente“ verfasst hat, die er mit herausgegeben hat. Diese Zeitschrift soll eine Auflage von etwa 100 Exemplaren gehabt haben und aus studentischem Engagement entstanden sein. Die der Kirchenleitung vorliegenden Texte sind als elitär, in Teilen nationalistisch und demokratiefeindlich einzustufen. Sie sind aus damaliger und aus heutiger Sicht unvertretbar.

Die Bewertungen der Texte werden unterschiedlich ausfallen. Sie fallen in eine Zeit, in der Carsten Rentzing auf der Suche und sein Weg ins Pfarramt nicht vorgezeichnet war. Dies hat Carsten Rentzing mehrfach betont. Carsten Rentzing wurde 1999 ordiniert und hat sich im Dienst seiner Kirche ausschließlich auf die Verkündigung der frohen Botschaft von Jesus Christus konzentriert. Aus seiner Zeit ab Mitte der neunziger Jahre – der Zeit, in der Carsten Rentzing nach seinen eigenen Angaben den Weg ins Pfarramt zu gehen begann – sind uns keine vergleichbaren Texte bekannt. Uns ist nicht bekannt, ob sich aus der Teilnahme von Veranstaltungen oder durch Vorträge von Landesbischof Dr. Rentzing während seiner Amtszeit weitere Vorwürfe ergeben könnten. Sollte dies zutreffen, werden wir die Öffentlichkeit umgehend informieren.

Für alle kirchenleitenden Personen waren die letzten Wochen eine schwere Zeit. Es ist für die Mitglieder des Kollegiums eine Frage der Loyalität und des Respektes, einen durch die Landessynode gewählten Landesbischof in seinem Amt auch in schweren Zeiten zu unterstützen. Die Mitglieder des Kollegiums bedauern sehr, dass eine solche Unterstützung sowohl aufgrund der Faktenlage, aber auch aufgrund des persönlichen Umgangs von Landesbischof Dr. Rentzing mit seiner Biografie in den letzten Tagen zunehmend schwieriger wurde. Aus diesem Grund zollen sie dem Schritt des Landesbischofs, sein Amt zur Verfügung zu stellen, großen Respekt. Dieser ist verbunden mit Dankbarkeit für den geleisteten Dienst in den letzten vier Jahren.

Aufarbeitung der Petition und der Ereignisse der letzten Wochen:

Mit der Petition „Nächstenliebe verlangt Klarheit“ haben Christen, unter ihnen auch Gemeindeglieder, Pfarrer und Mitarbeitende unserer Landeskirche, auf die ersten Veröffentlichungen zur Vergangenheit des Landesbischofs reagiert. Sie haben damit einer Sorge Ausdruck verliehen, die in unserer Landeskirche existiert und die gehört werden muss: nämlich der Sorge, dass sich die Kirche nicht genug von rechtsextremen,  menschen- und demokratiefeindlichen Tendenzen abgrenzt.

Unabhängig von den Bewertungen des Vorganges und der Person des Landesbischofs rufen wir zu Mäßigung in öffentlichen Stellungnahmen und zu einer geistlichen Haltung untereinander auf.

Die Ereignisse der vergangenen Tage und Wochen zeigen die Zerwürfnisse in der Landeskirche, die alle Kirchenglieder beschäftigen und die Kraft des Zeugnisses der frohen Botschaft Jesu Christi schwächen. Kritiker und Befürworter unseres Landesbischofs sind durch ihn selbst dazu aufgerufen aufeinander zuzugehen.

Die Diskussionen und Debatten innerhalb unserer Kirche in den letzten Wochen spiegeln die aktuelle gesellschaftspolitische Situation in Sachsen wider, die auch am Ergebnis der Landtagswahl zu erkennen ist. Wir müssen uns weiter damit offensiv auseinandersetzen und zu einer klaren Bewertung bestimmter Positionen und ihres Verhältnisses zu unserem christlichen Glauben und den Grundlagen unserer Kirche kommen. Die gesamte Landeskirche mit all ihren Organen, den Kirchenbezirken und Kirchgemeinden wird daraufhin arbeiten, hierfür geeignete Formen, Mittel und Wege zu finden.

Hans-Peter Vollbach
Präsident des Landeskirchenamtes

www.evlks.de

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