Einmal Munkács und zurück in 40 Stunden

Tharandter und Fördergersdorfer auf dem Weg zur Partnergemeinde

Es ist wieder Krieg. Nicht der erste, sicher nicht der letzte. Obwohl so nah und direkt spürbar, nicht zuletzt durch viele Menschen, die es bis hier her geschafft haben, ist er schon wieder von Seite 1 der Zeitungen verschwunden. Wer mag es verstehen…

Schon bei Beginn des Krieges haben wir unsere Freunde in Munkács befragt, wie die Lage ist und was benötigt wird. Es ist ruhig dort, keine Bomben oder Raketen, aber die Läden sind leer, schrieben sie zurück. So wurde die Initiative ergriffen, neben all den großen Hilfslieferungen internationaler Organisationen und Staaten auch mit unseren kleinen kirchgemeindlichen Mitteln Hilfe bis vor Ort zu schaffen. In Radeberg/Großerkmannsdorf lief alles zusammen und wurde auf 2 Transporter eines lokalen Wintergartenbauers und einen Anhänger eines DJs verladen. Alles zusammen etwa 3 Tonnen Material: Lebensmittel, Säuglings- und Kinderbedarf, Hygieneartikel und viele Matratzen und Schlafsäcke.

Abfahrt 5 Uhr, dann viele Kilometer. Auf der Autobahn in Polen leere Militär-LKW gen Westen unterwegs – da war in der anderen Richtung sicher was drauf. Grenzankunft 18 Uhr. Nicht so viel los, aber wenn man Material transportiert, ist selbst bei den derzeitigen „vereinfachten Regeln für humanitäre Hilfe“ und durchaus netten  Grenzbeamten viel Papier, Stempel usw. nötig bis man durch ist. In unserem Fall 4 Stunden. Ankunft Munkács 23 Uhr, ausladen, essen, reden. Schlaf ab 1.30 Uhr, aufstehen 5.30 Uhr, Abfahrt 6.30 Uhr. Grenze 2 Stunden (die Autos sind ja leer) und wieder viele Kilometer. Am späten Abend wieder zu Hause und ja, auch müde.

Viele werden fragen: was spürt man vom Krieg? Fast nichts. Kleine Trupps Uniformierter, heroischnationalistische Plakate und abends Luftalarm. Die Region Transkarpatien liegt im toten Winkel der Ereignisse. Sie ist arm, es gibt kaum militärische Infrastruktur und sie ist sehr nah an der NATO-Außengrenze. Die Menschen dort sagen, dass sie das schützt. Die Stadt funktioniert wie immer und auch die Läden sind wieder voll – mit dem Unterschied, dass zu den 100.000 Einwohnern 20.000 Flüchtlinge dazugekommen sind. Für Tharandt wären das in Relation 1000 Menschen zusätzlich. Alle müssen essen, schlafen, waschen usw. Eine Kraftanstrengung, die hohen Respekt abnötigt. Von
den Ungarn ist die Hälfte nach Ungarn geflohen und ob sie je zurückkommen, weiß niemand. Ihr Leben als Minderheit war vor dem Krieg immer schwerer geworden mit Einschränkungen und Verboten. Nationalismus ist ein Gift, welches die Menschen auseinandertreibt. Pfarrer Gulácsy sagt, dass jeden Sonntag Gottesdienst gefeiert wird – die Menschen brauchen das jetzt für die Seele.

Unsere Hilfe ist eher für den Körper und mit weiter andauerndem Krieg und seinen Zerstörungen wird das große Bedeutung behalten. Wir sollten Wiederholungen solcher Aktionen vorsehen.

Marcus Schreiner im April 2022

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