Der Kirchsaal, um 1200 als Basilika errichtet, zeugt noch heute vom ursprünglich romanischen Baustil. Der Ende des 15. Jahrhunderts angefügte Chorraum mit Kreuzrippengewölbe ist im spätgotischen Stil gestaltet. Darin stehen der um 1500 aus einem Sandsteinblock geformte Taufstein und ein prächtiger Flügelaltar, ca. 1515 gefertigt, der auch den durch den Bergbau gewonnenen Reichtum erkennen lässt. Eine Renaissancekanzel(1654) und hochwertige Brüstungsmalerei vom Anfang des 17. Jahrhunderts, die Orgel(1793) vom Dresdner Orgelbauer Johann Christian Kayser sowie alle anderen historischen Ausstattungen dieser Kirche wurden in der Jugendstil-Überformung von 1905 bis 1911 integriert. Das macht diese alte Kirche nochmals zu einer besonderen. Sie ist in den letzten Jahrzehnten komplett saniert worden.

Aus dem Kleinen Kunstführer

Kurzinformation aus dem Kleinen Kunstführer „Ev.-luth. Dorfkirche Höckendorf“

erschienen im Verlag Schnell & Steiner

In den zur Elbe hin entwässernden Tälern des nach Süden hin mäßig ansteigenden Erzgebirges wurden in der Siedlungsbewegung des Hohen Mittelalters Waldhufendörfer angelegt. Höckendorf und Ruppendorf liegen hintereinander im selben Tal des Höckenbachs und stellen gut erhaltene, kulturhistorisch bedeutsame Beispiele des Siedlungstyps dar. Zugehörig waren bei größeren Dörfern stets Kirchen und des Öfteren Adelssitze. Die Kirchen sind erhalten, von der Ruppendorfer Wasserburg blieb ein Turm. In Höckendorf war wohl stets nur ein Herrenhof (Rittergut) vorhanden.

Die Familie v. Theler, ursprünglich aus Freiberg stammend und im Bergbau tätig, hat Höckendorf stark geprägt. Konrad Theler, der 1360 eine Pilgerfahrt ins Heilige Land unternommen hatte, ließ nach seiner Rückkehr eine der frühesten Nachbildungen des Leidensweges Christi und Form von Bildstöcken (Martersäulen) anlegen. Reste davon sind erhalten. Dies sollte den Nachvollzug der Leiden des Menschheitserlösers auch in Mitteleuropa authentisch ermöglichen.

Die in ihren ältesten Teilen noch dem 13. Jh. angehörende Kirche erhielt durch die Theler einen Turm und einen spätgotischen Chor mit Netzgewölbe. Von der spätmittelalterlichen Ausstattung sind vor allem ein ungewöhnlicher Gedenkstein an Konrad Theler und das Altarretabel aus einer Freiberger Werkstatt erhalten, höchstwahrscheinlich ebenfalls eine Stiftung der Patronatsherren Theler. Bis zum Verkauf des Dorfes 1565 an den kurfürstlichen Landesherrn pflegte diese Familie auch ihre Grablege mit aufwändigen skulptierten Grabsteinen.

In nachreformatorischer Zeit wurde die Kirche wie üblich mit Emporen, Kanzel und Orgel ausgestattet. Die Kanzel wurde 1654 von Andreas Schirmer aus Tharandt gefertigt; die Bemalung stammt von Benjamin Wagnitz, „Amtsmaler“ in Freiberg. Auch von den Brüstungsmalereien der Emporen, geschaffen vom selben Maler, sind einige Beispiele erhalten. Sie belegen, wie eine solche Malerwerkstatt die grafischen Vorlagen niederländischer Künstler verarbeitete. Bemerkenswert auch das Porträt des Pfarrers Magister Johann Wagner (amt. in Höckendorf 1636–1647), geschaffen 1641 vielleicht vom Maler Philipp Staude aus Reichstädt, der 1614 das Höckendorfer Vorwerk erworben hatte.

Reizvoll ist bei der Renovierung der Kirche 1905–1907 geschaffene Ausstattung mit Jugendstilornamenten an der damals höhergelegten, blau-golden gefassten Kassettendecke des Langhauses und im Netzgewölbe des Chores (Passionsblumen, ausgeführt durch die Fa. Weygand & Thümmel, Dresden). Auch der Flügelaltar erhielt damals eine Jugendstilbekrönung.

So entstand im Laufe der Jahrhunderte ein trotz stilistischer Unterschiede geschlossenes, ansprechendes Bild einer reich ausgestatteten Dorfkirche, das glücklicherweise die Zeitläufte überstanden hat.

Text: Dr. Markus Hörsch

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